Warum man einen Berg besteigt? Weil er da ist. Und wegen der tollen Aussicht, natürlich! Damit hallo und herzlich Willkommen zu Tag 27, an dem ich euch zu einen kleinen Ausflug mitnehmen möchte, mit dem ich mir gleich zwei Wünsche auf einmal erfüllt habe. Wer vor zwei Tagen genau aufgepasst hat, dem dürfte auf der Karte der Jorpulipää Hill aufgefallen sein, dessen Fuß der Aurora-Trail tangiert. Nachdem ich nun schon zweimal an dem „Berg“ (Hügel trifft es wohl besser, oder von mir aus Fjell) vorbeigegangen bin, juckte es mich doch sehr in den Füßen, ihn zu besteigen und mir die Umgebung von Tankavaara von oben anzuschauen. Leider war dies mit normalem Schuhwerk unmöglich, da gerade zu Beginn des Anstieges unheimlich viel Schnee lag. Also habe ich den Aufstieg kurzerhand mit einem anderen Vorhaben von mir verbunden, nämlich einmal das Schneeschuhwandern zu probieren.
Nachdem ich mir an der Rezeption das Equipment geliehen hatte (bestehend aus den Schuhen und zwei Stöcken, ähnlich wie beim Langlauf), hatte ich zunächst Gelegenheit, mich auf dem normalen Weg „einzugrooven“. Dabei stellte sich heraus: Mit den Schneeschuhen ist man deutlich schneller und bequemer unterwegs als nur mit Wanderschuhen! Allerdings ist das Gehen auch um einiges anstrengender, und so musste ich mich auf halber Strecke bei -14 °C erstmal meines Unterhemdes entledigen, sonst hätte ich mich wohl totgeschwitzt… Das Wetter ließ leider ein wenig zu wünschen übrig. Wie eigentlich immer seit meiner Ankunft war der Himmel weiß und es schneite ohner Unterlass.
Als ich an der Abzweigung zum Jorpulipää angekommen war, ging es schließlich in den Tiefschnee. Das klappte erstaunlich gut und ich kam besser als gedacht mit dem ungewohnten Schuhwerk zurecht. Es begann ein nicht allzu steiler Aufstieg, der allerdings durch den immer schärfer werdenden Wind und einige vereiste Schneefelder durchaus seine Tücken hatte. Auf dem Weg zum Gipfel wurde die Vegetation immer lichter und verschwand schließlich ganz.
Oben angekommen fand ich eine Art Gipfelkreuz vor, was ich für das Foto notdürftig von Eis und Schnee befreite. Nun galt es die Aussicht – so gut wie es das Wetter eben zuließ – zu genießen. Ich war bass erstaunt darüber, wie weit man (theoretisch) gucken kann. Erst auf dem Gipfel wurde mir klar, dass der Jorpulipää mit seinen nur 467 Metern die dominierende Landmarke im Umkreis von vielen, vielen Kilometern ist. Und was sieht man von hier oben? Nun, genau die beiden Landschaftstypen, die Finnland eben ausmachen: Wälder und Seen. Und von beiden satt! Abgesehen von einem markanten Funkturm hat man übrigens absolut kein Anzeichen menschlicher Zivilisation entdecken können. Kein Haus, keine Straße, nichts. Einfach nur Wildnis. Wo innerhalb Europas kann man so etwas heute noch erleben?
Nachdem ich einige Zeit einfach nur mit Schauen verbracht habe und dabei ordentlich durchgefroren bin, wagte ich mich an den Abstieg. Zunächst war das gar nicht so leicht, denn durch die gleichförmige Aussicht in alle Himmelsrichtungen und die Flachheit der Kuppe hatte ich ein wenig die Orientierung verloren und war mir überhaupt nicht mehr sicher, aus welcher Richtung ich eigentlich gekommen war. Schließlich fand ich meine Fußspuren vom Aufstieg wieder und folgte ihnen zurück auf den Aurora-Trail. Beim Abstieg übrigens schlug das Wetter um und es zeigten sich erstmals blaue Flecken am Himmel.
Als ich wieder im Tankavaara Gold Village ankam, war der Himmel mittlerweile vollständig aufgeklart und ein herrlicher Nachmittag mit reichlich Sonnenschein brach an. Klassischer Fall von schlechtem Timing also…! Ich ärgerte mich aber nicht lang, denn auch so hatte ich einen tollen Vormittag hinter mir und kann das Schneeschuhwandern als Wintersport für Einsteiger nur wärmstens empfehlen!