Kaum zu glauben aber wahr: Nach Wochen der Vorbereitung bin ich seit heute endlich unterwegs! Wenn alles glatt läuft, werde ich nun 42 Tage am Stück in Zügen, Bussen, Hostels, Ferienwohnungen und Hütten verbringen und dabei (hoffentlich) eine Menge neuer Eindrücke sammeln. Mein Ziel ist es, meine Erlebnisse jeden Tag in einem kleinen Bericht zusammenzufassen. Dann also los – beginnen wir mit Tag eins, der ganz im Zeichen der umstiegsreichen Anreise nach Göteborg stand.
Bremen – Hamburg – Fredericia – Kopenhagen – Lund – Göteborg 1035 km
Wie sollte es anders sein, natürlich musste ich gestern noch auf den letzten Drücker packen, eine rudimentäre Version des Blogs online stellen und tausend andere Dinge vorbereiten. Demensprechend kurz (sehr! kurz!!) war die Nacht, als es heute morgen um 06:53 Uhr mit dem Bus zum Bahnhof ging. Draußen herrschte bestes norddeutsches Schmuddelwetter: 5 Grad, Dauerregen. Da fiel der Abschied in mein Hoffentlich-Winterwunderland der Träume doch gleich viel leichter.
Am Bahnhof angekommen versetzte mir der DB-Navigator dann den nächsten, virtuellen Fußtritt: Der Intercity, der mich von Bremen nach Hamburg bringen sollte, war schon mit reichlich Verspätung in Köln losgefahren. Der Anschluss an den ICE nach Kopenhagen somit deutlich gefährdet, wie mir auch durch das stets um Schadenbegrenzung bemühte Team der DB bei Twitter bestätigt wurde.
Aus der zunächst 18-minütigen Verspätung in Bremen wurden 20, 25, 30, 45 und schließlich sogar 60 Minuten. An den Anschluss war also nicht mehr zu denken und so hieß es gleich auf den ersten Kilometern die Planung über Bord zu werfen und nach Alternativen zu suchen. Zum Glück war das in diesem Fall noch recht leicht, denn eine Stunde später bestand bereits die nächste Verbindung nach Kopenhagen – allerdings ohne Fährüberfahrt (Mist!), stattdessen ging es über das dänische Festland mit Umstieg in Fredericia. Diese Strecke war eine Premiere für mich, somit hatte die Planänderung dann doch auch ihr Gutes.
Erstkontakt mit leidigen Reservierungen
Allerdings musste ich zwischen Kopenhagen und Lund ein Stück im schwedischen Superzug, dem X2000, zurücklegen. Hier lauerte der natürliche Feind des Interailers: die Reservierungspflicht. Also bin ich in Hamburg noch schnell ins Reisezentrum und habe zähneknierschend eine Reservierung für 6,60 EUR erstanden. Ganz schön viel für 30 Minuten Zugfahrt, aber immer noch günstiger als bei einem Kauf in Schweden, wo man mir 72 SEK (etwa 7,60 EUR) abgeknöpft hätte. Dafür habe ich mir gleich noch die Verspätung bestätigen lassen und ein Fahrgastrechte-Formular mitgenommen. Ich bin ja mal gespannt, ob mir die DB die ungeplante Reservierung ersetzt.
Update #1, März 2017 – Zwei Wochen nach meiner Rückkehr habe ich es endlich geschafft, das Fahrgastrechte-Formular einzureichen. Mal sehen was passiert.
Update #2, Mai 2017 – Mittlerweile habe ich Post von der DB bekommen: Man habe den Fall zur Bearbeitung an Eurail.com weitergegeben, den niederländischen Vertreiber der Interrail-Pässe. Innerhalb eines Monats soll ich von denen hören. Es bleibt also spannend!
So, genug gemeckert, jetzt sollte es endlich richtig losgehen. Also rein in den dänischen Intercity in Richtung Aarhus, welches sich derzeit als Kulturhauptsadt Europas feiert. Die Sitze im Zug der Baureihe IC3 empfand ich auf Anhieb als überaus bequem, somit stand einer gemütlichen Fahrt durch Schleswig-Holstein nichts mehr im Wege. Kurz hinter Hamburg fing es dann plötzlich an von der Decke zu tropfen. Sind die dänischen Züge etwa undicht? Der (deutsche) Zugbegleiter jedenfalls nahm es pragmatisch und verfrachtet die betroffenen Passagiere in die benachbarte Erste Klasse. So sieht Service aus! Highlight der Fahrt war die erste große Brücke des heutigen Tages: Die Rendsburger Hochbrücke über den Nord-Ostsee-Kanal.
Unterwegs in Dänemark
Wenig später erinnerte die Passkontolle an der ersten dänischen Station in Padborg daran, dass das, was vor zwei Jahren noch selbstverständlich war, heute wieder wie eine ferne Fiktion erscheint: Grenzenloses Reisen durch Europa, beziehungsweise zumindest den Schengen-Raum. Nach dem Grenzübertritt ging es noch etwas über eine Stunde durch das verregnete Dänemark, ehe wir den wichtigen Bahnknotenpunkt Fredericia erreichten.
Dank püunktlicher Ankunft klappte der Umstieg hier problemlos. Weiter ging es mit dem Lyntog, wohl so etwas wie der Paradezug der Dänischen Staatsbahn DSB. Das Fahrverhalten der Kiste erwies sich allerdings als sehr unruhig und wir kamen mehrmals auf freier Strecke unsanft zum Stehen. Hinter Fredericia wartete dann die zweite große Brücke des Tages: Die Storebælt-Brücke über den Großen Belt, der die dänischen Inseln Fünen und Seeland voneinander trennt.
Die Unterwegshalte auf freier Strecke hatten zur Folge, dass sich Minute für Minute eine Verspätung aufbaute und ich um meinen nächsten Anschluss bangen musste. Bei der Einfahrt in Kopenhagen hatte ich dann Glück: Der X2000 in Richtung Stockholm wartete am Bahnsteig gegenüber. Allerdings musste man noch durch eine Art Sicherheitsschleuse und – natürlich – wieder seinen Ausweis vorzeigen. Den Zug bestieg ich schließlich zwei Minuten vor Abfahrt und ließ mich auf meinen teuren, aber bequemen Platz nieder.
Hej, Hej, Schweden!
Der Komfort im X2000 gefiel mir außerordentlich gut und alles sah gleich ganz anders, irgendwie schwedisch aus. Der Zugbegleiter interessierte sich nicht weiter für meine Reservierung, im Endeffekt hätte ich sie mir also auch sparen können, erst recht, weil der Zug recht schwach ausgelastet war. Nach der Ausfahrt aus Kopenhagen fuhren wir dann über die dritte große Brücke des Tages: Die Öresundbrücke, welche seit dem Jahr 2000 ein feste Verbindung zwischen Dänemark und Schweden ermöglicht. Die mehrminütige Fahrt über die Ostsee ist schon ein Erlebnis und die Brücke samt des dazugehörigen Tunnels und der künstlich errichteten Inseln ein beeindruckendes Bauwerk.
Nachdem wir in Hyllie eine weitere Grenzkontrolle über uns ergehen lassen hatten und Schwedens drittgrößte Stadt Malmö passiert war, hieß es dann in Lund zum letzten mal umsteigen, und zwar in den Öresundståg nach Göteborg. Dieser war zunachst proppevoll und ich fand mit Mühe und Not noch einen freien Klappsitz im Fahrradabteil. Zum Glück waren die meisten Fahrgäste Pendler, so dass sich der Zug bis Helsingborg weitgehend geleert hatte und ich auf einen freien Vierer-Platz umziehen konnte.
Die letzten zwei Stunden der Fahrt verliefen in Dunkelheit und ich konnte unter meiner Jacke als Deckenersatz ein bisschen Schlaf nachholen. Geweckt wurde ich von der mobilen Minibar, bei der ich mir einen Kaffee kaufte. Dabei musst ich mal wieder feststellen, dass in Schweden selbst Kleinstbeträge (25 SEK) nur mit Kreditkarte bezahlt werden können – willkommen in Plastikland!
Angekommen im schönen Göteborg
Gegen acht Uhr abends bin ich endlich an meinem Tagesziel Göteborg angekommen. Da ich die Stadt bereits vor etwas zwei Jahren in einem Kurzurlaub ausgiebig erkundet hatte, sollte sie diesmal nur als Zwischenstation und Schlafplatz dienen. Also ging es direkt in die Tram und ab zum Hostel am Linnéplatsen. Dank Tür- und Schlüsselcodes per SMS lief der späte Check-in problemlos und ich konnte mein Zimmer beziehen, in dem schon zwei nette Mitbewohner auf mich warteten.
Nach kurzem Smalltalk mit dem netten Australier vom Bett gegenüber zog ich nochmal los, um einen Supermarkt zu suchen (Hunger!). Dank der sehr liberalen Ladenöffnungszeiten in Schweden war das auch zur späteren Stunde kein Problem und ich deckte mich erst einmal mit allerhand landestypischen Leckereien ein, die mich durch den Abend und den nächsten Morgen bringen sollten.
Anschließend lief ich noch ein wenig durch das zauberhafte Stadtviertel Haga und aß meine Brötchen untem am Hafen – wunderschön! Göteborg ist wirklich toll, eine der gemütlichsten Großstädte die ich kenne. Mal schauen, ob Stockholm da nächste Woche mithalten kann. Da es dann am Wasser doch langsam kalt wurde (Memo an mich: dies ist eine Winterreise) ging ich gegen 23 Uhr zurück ins Hostel, wo es dann bald hieß: Gute Nacht!